Die Rainforest Alliance und das Sustainable Agriculture Network (SAN) sind den Anschuldigungen nachgegangen, die in dem Oxfam-Report Sweet fruit, bitter truth vom 30. Mai 2016 erhoben wurden. In den vergangenen Monaten wurden in Folge dessen zusätzliche Audits zur Situation von Arbeitern und dem Zustand der betreffenden Bananen- und Ananasfarmen in Ecuador und Costa Rica durchgeführt.
Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Oxfam-Reports
- Wie in der Stellungnahme vom 30. Mai 2016 dokumentiert, hat das SAN auf je einer Farm in Ecuador und Costa Rica unmittelbar Ermittlungen durchgeführt. Ziel war es, festzustellen, ob diese Farmen die Voraussetzungen für das Rainforest-Alliance-Zertifikat erfüllen. Insgesamt interviewten die Auditoren 90 Arbeiterinnen und Arbeiter der Farmen. Die Audits kamen zu dem Ergebnis, dass beide Farmen die Anforderungen einer Zertifizierung auf Basis des SAN-Standards erfüllen und demnach die Zertifizierung behalten. Unabhängig davon arbeiten beide Farmen kontinuierlich daran, sich weiter zu entwickeln, insbesondere in Bereichen, in denen gemäß noch gültigem Standard „nicht-kritische“ Schwächen während der Audits erkannt wurden.
- Das SAN, die Rainforest Alliance, Oxfam Deutschland und Partner von Oxfam Deutschland aus Costa Rica und Ecuador haben sich bereits im Juni 2016 in Berlin über die Ergebnisse dieser ersten beiden Audits unter Einbeziehung des Oxfam-Reports ausgetauscht.
- Eine ebenfalls im Oxfam-Report genannte Ananasfarm in Ecuador wurde im Rahmen des regulären jährlichen Audits überprüft. Dabei wurden auch die im Oxfam-Report kritisierten Punkte geprüft. Insgesamt wurden die sozialen, arbeitsrechtlichen und ökologischen Anforderungen der Zertifizierung im Rahmen von 60 Interviews hinterfragt. Im Ergebnis erfüllt die Farm die Anforderungen zur Zertifizierung und darf daher das Zertifikat weiterhin führen.
- In Ecuador kam es zu einem mehrtägigen Austausch zwischen dem SAN und der Gewerkschaft ASTAC (Asociación Sindical of Trabajadores Agrícolas Bananeros y Campesinos), einem lokalen Partner von Oxfam Deutschland. Neben einem Austausch mit ASTACs Vorsitzendem Jorge Acosta und weiteren Mitgliedern der Organisation diskutierte das SAN auch mit mehr als 40 Arbeiterinnen und Arbeitern über Fragen der Organisationsfreiheit und den Einsatz von Pestiziden aus der Luft. Das SAN und ASTAC vereinbarten, den Dialog im gemeinsamen Interesse zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf Bananenfarmen in Ecuador fortzusetzen.
- Im November 2016 findet noch ein weiteres Audit auf einer Rainforest-Alliance-zertifizierten Bananenfarm in Ecuador statt, an dem einer der erfahrensten Auditoren Zentralamerikas (akkreditiert vom SAN) teilnimmt.
- In Costa Rica haben sich führende Vertreter des SAN mit Vertretern von zwei Gewerkschaften getroffen, die auf Bananenfarmen aktiv sind. Hierbei verpflichteten sich das SAN und die Rainforest Alliance zu einem kontinuierlichen und konstruktiven Austausch mit den Gewerkschaften, um Audit- und Monitoring-Verfahren noch effektiver zu gestalten.
- Im Oktober 2016 kam es zudem zu einem Austausch von Oxfam Deutschland, einem Vertreter der Handelskette Lidl sowie Gewerkschaftlern auf einer im Oxfam- Report genannten Ananasfarm in Costa Rica bei dem auch ein Vertreter des SAN teilgenommen hat. Ziel war es, die von Oxfam Deutschland erhobenen Vorwürfe gemeinsam und im Detail zu erörtern. Dieses Treffen ist Teil des im Juni 2016 vereinbarten kontinuierlichen Dialoges zwischen der Rainforest Alliance, dem SAN und Oxfam Deutschland.
Reguläre Maßnahmen zur Sicherung der Standards
Zentraler Bestandteil des SAN-/Rainforest-Alliance-Zertifizierungssystems sind eindeutige Leitlinien. Sobald die Anforderungen für eine Zertifizierung auf Basis des SAN-Standards nicht mehr erfüllt werden, wird das Zertifikat entzogen. Das trifft für das Jahr 2016 auf bislang 93 Farmen zu. Allein in Ecuador wurde 20 Farmen das Zertifikat entzogen (unabhängig vom Oxfam-Report). In Costa Rica wurden 4 Farmen aufgrund von Nicht-Erfüllung der Anforderungen de-zertifiziert.
Die Rainforest Alliance und das SAN arbeiten auch weiterhin eng mit dem Einzelhandel und Bananen- und Ananasproduzenten zusammen, um gemeinsam Missstände zu beseitigen, die über die Zertifizierung hinausgehen und eine nachhaltigere Wirtschaftsweise zu fördern. Die Rainforest Alliance ist zudem dem World Banana Forum beigetreten, einer Multi-Stakeholder Plattform, die einen offenen Dialog über die Herausforderungen im Bananensektor fördert.
Die Rainforest Alliance und das SAN sind außerdem aktive Mitglieder der Global Living Wage Coalition. Die Organisation arbeitet daran, Benchmarks für existenzsichernde Löhne für verschiedene Länder festzulegen. Ergebnisse für Costa Rica und Ecuador werden bereits zu Beginn des Jahres 2017 erwartet. Die Rainforest Alliance setzt sich auch bei Unternehmen des Fruchtsektors dafür ein, existenzsichernde Löhne zu fördern. Im November 2016 veranstaltete das SAN einen Workshop in Costa Rica für Gewerkschaften der Fruchtbranche, bei dem das Konzept und die Methodik zur Bestimmung von existenzsichernden Löhnen diskutiert wurden.
Der neue 2017 SAN-Standard
Im September 2016 hat das SAN nach einer Reihe öffentlicher Konsultationen und Inklusion zahlreicher Stakeholder seinen neuen Standard und Zertifizierungsprozess veröffentlicht: den 2017 SAN-Standard. Dieser fordert von Farmern einen höheren Grad der Kriterienerfüllung und wird Auditverfahren weiter verbessern. Ein Beispiel: Das Mittel der unangekündigten Audits (auch Überraschungsaudits genannt) wird verstärkt eingesetzt werden und kurzfristig angekündigte reguläre Audits können jederzeit stattfinden. Für Audits ab Juli 2017 wird der 2017 SAN-Standard verbindlich angewandt.
Die Rainforest Alliance ist davon überzeugt, dass der 2017 SAN-Standard einen wichtigen Schritt für mehr Nachhaltigkeit auf Farmen und für Arbeiter darstellt. Viele Herausforderungen auf Farmen und von Arbeitern sind jedoch systemischer Natur. Diese können weder auf die Schnelle noch durch Zertifizierungen und Zertifizierungs-Standards allein gelöst werden. Umfassendere Missstände im Bereich der Arbeiter- und Menschenrechte – inklusive nationaler Gesetzgebungen, lokaler Implementierung und Governance, und Machtungleichgewichte in Lieferketten – können nur in Zusammenarbeit mit lokalen, nationalen und internationalen Akteuren aus Zivilgesellschaft, privatem Sektor und Regierungen gelöst werden.