Die Rainforest Alliance untersucht Vorwürfe, wonach auf einigen zertifizierten Teegärten in Assam (Indien) gegen ihre Standards verstoßen wird. Die in einer Sendung des ZDF gezeigten Bedingungen stellen massive Verstöße gegen den Rainforest Alliance Sustainable Agriculture Standard dar. Wir nehmen die dokumentierten Missstände sehr ernst. Sofern eigene Untersuchungen diese bestätigen, werden die betreffenden Zertifikate ausgesetzt oder den Farmen gänzlich entzogen.
Bisherige Untersuchungen weisen z. B. auf einen Verstoß gegen das Kritische Kriterium unseres Standards hin, das den sicheren Einsatz von Pestiziden regelt. Unser Standard schreibt verbindlich vor, dass Schutzkleidung kostenfrei allen Arbeitern zur Verfügung gestellt werden muss, die durch ihre Tätigkeit in Berührung mit Pestiziden, Düngemitteln, gefährlichen Stoffen oder anderen chemischen Substanzen kommen. Verstöße gegen diese Regelung führen zur De-zertifizierung der entsprechenden Teegärten.
Die Rainforest Alliance wird seinen Standard konsequent durchsetzen und Verstöße gegen Kritische Kriterien mit einer De-Zertifizierung ahnden. Allein zwischen Januar und August diesen Jahres wurden 113 Farmen de-zertifiziert oder suspendiert.
Die Rainforest Alliance steht kritischen Beiträgen von Journalisten, Kampagnen-Organisationen und Aktivisten stets offen gegenüber, da diese dazu beitragen können, die Bedingungen auf Farmen in den mehr als 40 Ländern, in denen wir aktiv sind, weiter zu verbessern.
Letzte Entwicklungen
Unabhängige und von der Rainforest Alliance beauftragte Zertifizierungsstellen haben im November 2017 eine Reihe von Untersuchungen und Audits auf zertifizierten Teegärten in Assam durchgeführt. Bei den außerordentlichen Audits wurden in drei Betrieben Belege für Verstöße gegen die Voraussetzungen einer Rainforest Alliance Sustainable Agriculture Zertifizierung gefunden. Die Zertifikate der drei Betriebe wurden umgehend suspendiert. Gemäß der Zertifizierungsregeln haben diese Betriebe nun die Möglichkeit, sich innerhalb von 120 Tagen nach der Suspendierung erneut überprüfen zu lassen. Bleiben die Mängel bestehen oder wird diese Frist nicht eingehalten, so wird der fragliche Betrieb de-zertifiziert.
Zusammenfassungen der Audits können hier eingesehen werden.
Unser Engagement in Assam
Die Rainforest Alliance trägt seit dem Jahr 2010 in Assam aktiv dazu bei, nachhaltigere und verbesserte agrarische Praktiken im Teesektor zu etablieren. Assam hat eine lange Historie komplexer, tief verwurzelter politischer, ökonomischer und sozialer Herausforderungen. In unserer 30-jährigen Geschichte haben wir ähnliche Bedingungen zunächst in Lateinamerika und später in Ostafrika vorgefunden. Unablässiges, anhaltendes Engagement und Kooperationen mit Gemeinden, NGOs, Unternehmen und Politik führten dort zu messbaren Verbesserungen. Unser Ziel ist es, die vielen Herausforderungen in Assam mit Hilfe unserer Erfahrungen und Partnerschaften anzugehen. Neben anderen Zertifizierungsprogrammen, die in dieser Region tätig sind, arbeiten wir daran, nachhaltigere Methoden in der Landwirtschaft zu fördern. Diese stärken auch die Anpassung an den Klimawandel – in einer Region, die häufiger und schwerer von Überschwemmungen sowie extremen, länger anhaltenden Dürreperioden betroffen sein wird. Die existierenden sozialen und ökonomischen Herausforderungen werden dadurch weiter verschärft.
Viele Teefarmen in Assam arbeiten an Verbesserungen der ökologischen und sozialen Situation. Es gibt allerdings noch viel zu tun. Eine Zertifizierung allein kann keine Lösung für historisch gewachsene, gesellschaftliche Herausforderungen sein. In einer breiteren, sektorübergreifenden Strategie kann Zertifizierung in Zusammenarbeit mit Regierungen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft aber ein nützliches Werkzeug sein, um Veränderungsprozesse anzutreiben.
Verbesserungen des Standards
Die Rainforest Alliance arbeitet stets daran, die Standard-Kriterien und die Audit-Prozesse zu verbessern sowie die Zusammenarbeit mit Farmern, Arbeitern und Unternehmen, die Rohstoffe von zertifizierten Farmen beziehen, zu vertiefen.
Zuletzt im September 2016 wurde der vollständig überarbeitete Standard veröffentlicht. Der 2017 Rainforest Alliance Sustainable Agriculture Standard beinhaltet strengere Kriterien in den Bereichen Arbeiterunterkünfte, sanitäre Anlagen und sichere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Der 2017 Standard enthält auch eine bindende Anforderung für Farmen, ein effektives und nicht diskriminierendes Beschwerdesystem für Arbeiter und Teegemeinden zu etablieren. Dieser revidierte Standard gilt seit dem 01. Juli 2017 verbindlich.
Unterkünfte in Assam
Nach dem Rainforest Alliance Sustainable Agriculture Standard muss die Farmleitung im Zuge einer Zertifizierung grundlegende Anforderungen mit Blick auf Arbeiterunterkünfte erfüllen. Innerhalb von drei Jahren müssen weitere signifikante Verbesserungen erzielt werden. Die Situation der Unterkünfte in Assam wird noch dadurch verschärft, dass viele Menschen die Unterkünfte auf den Farmen bewohnen, die nicht auf den Teefarmen arbeiten. Insgesamt können so mehrere Tausend Menschen auf Teefarmen leben. In der Praxis ist eine klare Trennung zwischen Arbeitern und übrigen Bewohnern häufig schwierig. Um dieser Herausforderung zu begegnen, beinhalten die Anforderungen der Rainforest Alliance für Arbeiterunterkünfte in Indien (verpflichtend für Audits seit dem 01. Juli 2017) Regelungen, die Arbeiter, die auf und abseits der Farmen leben, Ehepartner, Kinder unter 18 Jahren und – im Falle von männlichen Arbeitern – auch Eltern, die abhängig sind vom Arbeiter, mit erfassen.
Ein kollektiver Ansatz
Die Rainforest Alliance setzt ihr Engagement in den herausforderndsten Regionen der Welt fort. In Indien arbeiten wir weiterhin mit der Indian Tea Association, der Ethical Tea Partnership und anderen relevanten Stakeholdern zusammen, um die anhaltenden Missstände in Assam gemeinsam zu adressieren. Wir sind eine von vielen Organisationen, die sich einem nachhaltigeren Teeanbau in Assam und anderen schwierigen Regionen verschrieben hat. Erfolg bedarf kontinuierliches, langjähriges und kollektives Engagement von Regierungen, NGOs und Teeunternehmen.