Klimaschutz oder Produktivitätssteigerung? Das eine kann nur zu Lasten des anderen umgesetzt werden – so polarisierend gestalten sich häufig die inhaltlichen Standpunkte, wenn es um umweltverträgliche und ökonomisch nachhaltige Landwirtschaft geht. Diese vermeintlichen Gegensätze sind durchaus miteinander in Einklang zu bringen. Das zeigt eine aktuelle wissenschaftliche Studie, die Dr. Götz Schroth, Leiter des Kakaoprogramms der Rainforest Alliance, zusammen mit Wissenschaftlern aus Brasilien, Frankreich und dem Internationalen Zentrum für Tropische Landwirtschaft (CIAT) in Brasilien durchgeführt hat. In ihrer Untersuchung kommen die Forscher zu dem Ergebnis: Umweltfreundlicher Kakaoanbau hindert die Bauern nicht daran, ihre Erträge zu steigern.
Umweltfreundlichkeit bestimmen die Wissenschaftler anhand von zwei Faktoren: dem CO2-Fußabdruck, d.h. der Menge an CO2-Emissionen, die jährlich zum Beispiel durch Verwendung von Mineraldüngern beim Kakaoanbau ausgestoßen wird, und der Menge an CO2, die die Bäume auf der Anbaufläche in ihrer Biomasse binden. Für diese Kriterien konnten in der Studie nun Schwellenwerte ermittelt werden, die beides ermöglichen: eine klimafreundliche Anbauweise und eine Verdopplung der Durchschnittserträge.
Entscheidend für die Steigerung der Produktivität und eine umweltfreundliche Anbauweise der Kakaofarmen ist das aufeinander abgestimmte Verhältnis mehrerer Faktoren: Dem Einsatz technischer Hilfsmittel wie Dünger, der ausgewogenen Beschattung der Farmen sowie der Biomasse der Schattenbäume. Die Verwendung von Dünger hat zwar einen positiven Einfluss auf die Erträge, setzt jedoch auch umweltschädliche CO2-Emissionen frei. Deshalb ist es wichtig, die eingesetzte Menge auf andere ertragsbildende Faktoren abzustimmen. Wie die Studie zeigt, existieren auch Grenzwerte für das Ausmaß an Beschattung und die maximale Biomasse der Schattenbäume auf den Kakaofarmen, die noch eine Ertragserhöhung ermöglichen. Diese liegen jedoch höher als häufig angenommen wird.
Global gültige Richtwerte für optimale, klimafreundliche Anbaubedingungen im Kakaosektor gibt es allerdings nicht. „Die Schwellenwerte sind abhängig von den jeweils vorherrschenden lokalen Gegebenheiten und können je nach Region unterschiedlich sein“, betont Dr. Götz Schroth. Sie müssen für jede Anbauregion ermittelt werden. Wie dies mit relativ einfachen Mitteln möglich ist, zeigt die Studie.
Dabei liefern die Untersuchungsergebnisse auch konkrete Ansätze für staatliche und private Akteure, um mit den Kakaofarmern zusammenzuarbeiten. Die Bereitstellung technischer Hilfe sowie finanzielle Anreize, zum Beispiel durch besondere Prämien oder Programme, können einen positiven Beitrag zugunsten klimafreundlich wirtschaftenden Kakaoproduzenten leisten.
Untersucht wurden 26 „Cabrucas“, Farmen mit traditioneller Anbauweise, in Bahia, Brasiliens größtem Kakaoanbaugebiet. Diese Farmen zeichnen sich durch die ökologische Vielfalt auf ihrer Anbaufläche aus und dienen auch als CO2-Speicher. Häufig leiden sie jedoch unter geringer Produktivität. Eine produktivere Anbauweise wäre dringend notwendig, um die Lebensbedingungen der Bauern vor Ort zu verbessern und die wachsende Kakaonachfrage in Brasilien zu decken. Brasilien zählte einst zu den weltweit größten Kakaoproduzenten, muss heute aber Kakao einführen.