In den zerklüfteten Hügeln an der türkischen Schwarzmeerküste werden Haselnüsse noch immer größtenteils von Hand geerntet, häufig von saisonal angeheuerten Arbeitskräften. Jedes Jahr wird der Beginn der Ernte (August bis Mitte September) durch die Ankunft von WanderarbeiterInnen und ihren Familien eingeläutet. Das Türkische Statistikamt schätzt, dass mindestens eine Million saisonale WanderarbeiterInnen in der Landwirtschaft tätig sind, von ihnen sind mehr als 200.000 Kinder.
Die meisten Familien sind Binnenmigranten aus der von Armut geprägten südöstlichen Region der Türkei, nahe der syrischen Grenze. Während der Erntezeit leben diese ArbeiterInnen in der Regel in provisorischen Zeltsiedlungen (manchmal sogar ohne Zugang zu sauberem Wasser). Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation haben die Eltern oft keine andere Wahl, als ihre Kinder auf die landwirtschaftlichen Betriebe mitzunehmen. Hier müssen die Kinder regelmäßig schwere Lasten bei glühender Hitze die steilen Hänge hinauf- und hinuntertragen. In einigen Gebieten sind mehr als 40 Prozent der ArbeiterInnen zwischen 15 und 18 Jahre alt, und bis zu 10 Prozent sind sogar noch jünger.
Um die Kinderarbeit sowie die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen in diesen Haselnussdörfern zu bekämpfen, arbeitet die Rainforest Alliance mit lokalen Behörden, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen. Im Mittelpunkt unseres Projekts steht die Einrichtung von Arbeitsgruppen in den Dörfern, die eine aktive Rolle bei der Verhinderung und Beseitigung von Kinderarbeit und der Verbesserung der Lebensbedingungen von LandwirtInnen und ArbeiterInnen übernehmen werden.
Standort
Türkei
Schwarzmeerküste: Bezirke Ferizli und İkizce
Zeitraum
2022-2024
Partnergemeinden
Dieses Projekt konzentriert sich auf Haselnussdörfer in den Bezirken Ferizli und İkizce an der türkischen Schwarzmeerküste. Es wird erwartet, dass die Projektaktivitäten 1.050 LandwirtInnen in diesen Gebieten zugutekommen und mehr als 2.000 saisonale WanderarbeiterInnen, einschließlich Kinder, erreichen werden.
Projektziele: Zusammenarbeit mit lokalen Führungskräften zur Verbesserung der Lebensgrundlagen
Dieses Projekt zielt darauf ab, die vielschichtige und mehrdimensionale Problematik von Armut und Kinderarbeit anzugehen, indem es die lokalen Gemeinden stärkt. Wir werden nicht nur LandwirtInnen, ArbeiterInnen und UnternehmerInnen für diese Probleme sensibilisieren, sondern auch die lokalen Behörden und Organisationen in diesen Regionen. Dies wird EntscheidungsträgerInnen in die Lage versetzen, Maßnahmen zu ergreifen, die die Lebens- und Arbeitsbedingungen von saisonalen Migrantenfamilien verbessern und Kinderarbeit verhindern oder reduzieren.
Dafür werden wir eine Reihe von Aktivitäten durchführen:
- Einrichtung von Arbeitsgruppen
In diesen dörflichen Arbeitsgruppen wird ein breites Spektrum lokaler Führungspersönlichkeiten und Behörden vertreten sein. Hierzu gehören kaymakams (oberste StatthalterInnen) and mukhtars (DorfvorsteherInnen), VertreterInnen von kommunalen Gesundheits- und Bildungszentren sowie ArbeitsvermittlerInnen, NROs (Nichtregierungsorganisationen) und viele mehr.
- Schulungen für LandwirtInnen und ArbeiterInnen
LandwirtInnen, ArbeiterInnen (insbesondere Frauen) und ArbeitsvermittlerInnen erhalten Schulungen zur Verhinderung von Kinderarbeit, zu Arbeitnehmerrechten, zur Registrierung von ArbeitnehmerInnen und zu Arbeitsverträgen zwischen ArbeitgeberInnen, LandwirtInnen und ArbeiterInnen.
- Ausarbeitung von Arbeitsverträgen
Durch die Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und anderen NROs werden wir uns dafür einsetzen, dass ArbeitgeberInnen in der türkischen Haselnussindustrie schriftliche Arbeitsverträge erhalten, um Schlupflöcher für ausbeuterische Praktiken zu verringern.
- Verbesserung der Unterbringung von ArbeiterInnen
Die dörflichen Arbeitsgruppen werden Investitionspläne ausarbeiten, die es ihnen ermöglichen, die Häuser der landwirtschaftlichen Betriebe und andere Unterkünfte, in denen die ArbeiterInnen wohnen, zu renovieren.
- Schulung von AkteurInnen in der Rainforest Alliance-Lieferkette
Wir werden mit Rainforest Alliance-zertifizierten AkteurInnen der Lieferkette auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene zusammenarbeiten, um ihre Ansätze zur Bekämpfung von Kinderarbeit zu verbessern. Sie erhalten Schulungen zu bewährten Verfahren zur Vorbeugung, Überwachung und Vermeidung von Kinderarbeit sowie zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von WanderarbeiterInnen.
Erwünschte Wirkungen: größeres Bewusstsein und gemeinsame Verantwortung für die Schaffung besserer Arbeitsumgebungen
Am Ende des Projekts sollen sich die Gemeinden so entwickelt haben, dass sie nicht nur die Risiken der Kinderarbeit und die Rechte der ArbeitnehmerInnen besser verstehen, sondern auch Fortschritte bei der Lösung dieser Probleme gemacht haben.
In diesem Sinne wird das Projekt auf die folgenden Ergebnisse hinarbeiten:
- Effektive und nachhaltige Zusammenarbeit in den Gemeinden
Eine enge Zusammenarbeit auf Gemeindeebene wird zu kollektiven Maßnahmen gegen Kinderarbeit und Arbeitsbedingungen führen. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit wird auch zu einer verstärkten öffentlich-privaten Partnerschaft in diesen Regionen führen. Dadurch werden mehr nationale Mittel zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der SaisonarbeiterInnen eingesetzt werden können.
- Mehr Spiel- und Lernmöglichkeiten für 600 Kinder
In jeder Region wird es entweder eine Sommerschule oder organisierte sichere Räume für Kinderaktivitäten während der Erntezeit geben.
- Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für SaisonarbeiterInnen
Die Sensibilisierung durch Schulungen für LandwirtInnen und ArbeiterInnen wird dazu führen, dass 10 Unterkünfte für SaisonarbeiterInnen renoviert werden und in jeder Region jährliche Bewertungen der Unterkünfte durchgeführt werden, um den Renovierungs- und Verbesserungsbedarf für die Wohnbereiche der ArbeiterInnen zu ermitteln.
- Größere Verantwortlichkeit der Unternehmen
Internationale, nationale und lokale Unternehmen werden über verbesserte Sorgfaltspflichtsysteme verfügen, um Kinderarbeit zu bekämpfen, indem sie erprobte Vorgehensweisen integrieren. Außerdem werden die Unternehmen ihre Ergebnisse und Erfahrungen in unternehmensinternen und branchenübergreifenden Workshops austauschen.
Förderer
- The Netherlands Enterprise Agency (RVO) Fund against Child Labour, im Auftrag des niederländischen Außenministeriums
- Intersnack
Durchführende Partner
- Intersnack
- Durak Fındık
- Balsu
Rainforest Alliance Kontakt
Gozde Ata, Social Program Manager