Gleichstellung der Geschlechter, Wirtschaftswachstum und zukunftsgerichtete Nachhaltigkeit können nicht erreicht werden, ohne Frauen stärker in die Landwirtschaft einzubinden. Auch für die Vereinten Nationen gelten Geschlechtergleichheit und Selbstbestimmung aller Frauen und Mädchen als vorrangige Ziele für nachhaltige Entwicklung. Der Kaffeesektor bildet hier keine Ausnahme.
Um Frauen in mehr Führungspositionen im Kaffeesektor zu verhelfen, schlossen sich UTZ (mittlerweile Teil der Rainforest Alliance), Lidl und CARE zu einer zweijährigen Initiative mit dem Namen „Projekt Guatemala“ zusammen. Das 2018 begonnene und 2020 abgeschlossene Projekt sollte die Einbeziehung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle von Frauen innerhalb der Cooperativo Agrícola Integral Acatenango stärken. Die Kaffeekooperative in Guatemala besteht aus 357 kleinbäuerlichen Betrieben, von denen 92 von Frauen geleitet werden. Das Projekt hatte zum Ziel, sowohl die Produktivität wie auch die Resilienz gegen den Klimawandel auf den von Frauen geleiteten Betrieben zu verbessern.
„Dieses Projekt war eine einzigartige Erfahrung, bei der individuelle und kollektive Führungskompetenz entwickelt wurde. Uns wurde mehr Eigenverantwortung beigebracht – ein neues Konzept für uns – und wir wurden darin bestärkt, Entscheidungen zu treffen und das Thema Bildung anzugehen. Allesamt wichtige Themen für uns und die kommenden Generationen unserer Familien.“
Doña Vicenta, Doña Rosalba, Doña Manuela (Führungsteam Frauenprojekt)
In unserem ersten Beitrag zum Projekt Guatemala stellten wir drei Schwerpunktbereiche vor. Nach einem Jahr zogen wir Zwischenbilanz. Im Folgenden sehen wir uns abschließend die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse aus diesem zweijährigen Projekt an.
Sehen Sie sich eine Zusammenfassung im folgenden Video an:
Wichtige Ergebnisse
Dieses Gemeinschaftsprojekt mehrerer Interessenverbände sollte gezielt die Befähigung und Selbstbestimmung von Frauen stärken und fördern. Als Ergebnis zeigten sich diese entscheidungsfreudiger und sicherer im öffentlichen Auftreten, hatten mehr Kontrolle über die Mittel auf Ihren Betrieben und in ihrem häuslichen Umfeld gewonnen und waren eher bereit, sich in Arbeitsgruppen zusammenzuschließen. 95 % der von Frauen geleiteten Betriebe verfügen nun über Kontrollsysteme, um bessere Anbaumethoden und die Anpassung an den Klimawandel zu gewährleisten. Die Initiative hat darüber hinaus eine klare Vorbildfunktion für andere.
Ziel 1: Bewertung der Risiken und Bedürfnisse
Eine erste Bewertung findet sich in unserer Zwischenbilanz. An dieser Stelle sei nochmal betont, dass die Frauen der Kooperative erstaunliche 40 % (310 Tonnen) der Produktion stellten, obwohl ihr Anteil an den ErzeugerInnen nur 26 % ausmacht. Im ersten Jahr des Projektes entwickelte sich bei der Kooperative Acatenango, ihren Mitgliedern und Führungskräften ein Bewusstsein, warum eine Gleichstellung der Geschlechter in ihren Betrieben notwendig und erstrebenswert ist.
Während der Studie zeigten die Frauen ein deutliches Interesse an Schulungen zu nachhaltiger Landwirtschaft, an Kenntnissen im Umgang mit Agrarchemikalien, an Finanzen und Unternehmensführung. Diese Schulungen erfolgten über verschiedene Methoden, etwa durch Kursbesuche, Erfahrungsaustausch mit anderen Kaffeekooperativen, Workshops und praktische Übungen vor Ort. Wichtig war ein praxisorientierter Ansatz im Sinne eines Learning by Doing und ein offener Zugang unabhängig vom jeweiligen Bildungsgrad der Teilnehmerinnen.
Ziel 2: Steigerung der Kaffeeproduktion und des Einkommens von Kleinbäuerinnen
Die Initiative unterstützte die Kooperative beim Umstieg auf klimabewusste Anbaumethoden, um die Produktion von hochwertigem Kaffee zu sichern. Nach entsprechenden Schulungen und der Einführung neuer Technologien begannen die Teilnehmerinnen, nach Modernisierungsmöglichkeiten zu suchen. So richteten sie im Team ein Lager und eine Anzuchtgärtnerei ein. Zum Verpflanzen junger Setzlinge nutzten sie Plastikschläuche. Diese waren wiederverwendbar, was das Abfallaufkommen und die Verwendung von Plastikbeuteln reduzierte. Ebenso verbesserten sie die Klimaresilienz ihrer Betriebe und die Wasserversorgung, indem sie insgesamt 19 Regenwasser-Sammelsysteme errichteten. Des Weiteren wurden die Frauen in Kaffeeanbaumethoden und Marketing geschult.
„In meinem Alter geht man normalerweise in den Ruhestand“, berichtet Doña Vicenta vom Führungsteam Frauenprojektes. „Aber meine Enkelin ist hier beteiligt, und deshalb denke ich, dass ich das Richtige tue.“ Mittlerweile ist die Kooperative viel eher bereit, mehr Frauen zu beschäftigen und das Wachstum ihrer Gemeinschaft weiter voranzubringen. Diese Ergebnisse zeigen, wie tief der Nachhaltigkeitsgedanke verankert werden konnte.
Mit dem Projekt wurden Frauen befähigt, mehr zum Familieneinkommen beizusteuern, ihr Familienleben gewann an Wert und der Wissenstransfer zwischen den Generationen wurde gefördert. Die Frauen machten auch uns eines deutlich: Teamwork ist unerlässlich für den Erfolg.
Ziel 3: Soziale und wirtschaftliche Selbstbestimmung von Frauen
In nur zwei Jahren eine echte Verhaltensänderung herbeizuführen, ist keine leichte Aufgabe. Und dennoch gelang es den Teilnehmerinnen, Gleichgültigkeit und „Machismo“ zu überwinden und sich Anerkennung in einem von Männern dominierten Bereich zu verschaffen. Noch zu Anfang des Projekts galt es als Bruch sozialer Konventionen, wenn Frauen Führungspositionen anstrebten. Engagierte Frauen hatten häufig mit dem Widerstand ihrer männlichen Kollegen zu kämpfen. Zum Ende des Projektes findet sich eine Frau an der Spitze des Vorstands der Kooperative. Dies ist ein Meilenstein, da Frauen bislang auf der Entscheidungsebene keine Rolle spielten.
Zu den Erfolgen des Projektes gehört, dass 60 % der Frauen in leitender Position ihr unternehmerisches Können vertiefen konnten. Dank ihrer Qualifizierung und Partnerschaften reden sie inzwischen bei Grundsatzentscheidungen der Kooperative mit. Alle befragten TeilnehmerInnen stellten deutliche Veränderungen der Verhältnisse in der Kooperative fest: Diese Frauen zeigten sich selbstbewusster, motivierter und hatten ein höheres Selbstwertgefühl.
Nächste Schritte für langfristigen Fortschritt
„Wir sind überzeugt, dass viele der 111 Frauen, die an diesem Projekt teilgenommen haben, ihre Kenntnisse weiter vertiefen werden, um hochwertigen Kaffee zu produzieren.“
Doña Vicenta, Doña Rosalba, Doña Manuela (Führungsteam Frauenprojekt)
Auch wenn das Projekt Guatemala erfolgreich war, sind noch einige Hürden zu meistern. So muss dringend eine Strategieplanung entwickelt werden, welche den wirtschaftlichen Erfolg dieser Frauen langfristig sichert. Dann gilt es, den Plan so auszugestalten, dass er auf andere Situationen übertragbar ist und weitere Frauen erreicht.
Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Gleichstellung kann steinig sein, doch unter den richtigen Voraussetzungen sind schnelle Fortschritte möglich. Dieses Projekt legte die Grundlage für den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen und dient als Modell für weitere Projekte. Wenn Branchenpartner diesen Weg weiterführen, tragen sie dazu bei, die Kaffeeproduktion nachhaltiger zu machen und das Leben derjenigen Frauen zu verbessern, die ihn anbauen.
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