Wie viele seiner Freunde unterstützt auch der 18-jährige Raúl Méndez aus Las Cruces in Guatemala seine Familie beim Anbau von Mais und Bohnen. Die Arbeit auf dem Feld ist anstrengend, schlecht bezahlt und außerdem Saison bedingt. Wirtschaftliche Alternativen in der Gemeinde im Sierra del Lacandón Nationalpark im knapp 2,1 Millionen Hektar großen Maya Biosphärenreservat gibt es aber kaum. „Viele junge Leute wandern aus. Sie gehen nach Mexiko, Belize oder in andere benachbarte Länder, in denen sie bessere Möglichkeiten für sich sehen“, sagt der 20-jährige Nazario Tiul Choj.
Neue Perspektiven zu entwickeln, das ist die Herausforderung. Raúl und 25 weitere Mitglieder der nachhaltig wirtschaftenden Forstkooperative „La Lucha“ haben das getan: Sie haben ein Zentrum zur Weiterbildung und Holzverarbeitung errichtet. Statt wie bisher das Holz zu verkaufen, stellen sie nun vor Ort eigene Möbel her. Junge Leute aus Las Cruces und Umgebung können hier eine Ausbildung absolvieren. „Diese Formen der Weiterbildung eröffnen uns neue Möglichkeiten. Zum Beispiel können wir jetzt Tischler werden und damit unsere Familien unterstützen“, so Nazario, der gerade im Betrieb seine Ausbildung macht. In den ersten sechs Monaten hat der Betrieb bereits Aufträge für Stühle, Tische, Regale und Kleiderschränke in Höhe von 15.000 US-Dollar erhalten. Seit die Kooperative das Holz verarbeitet haben sich ihre Einnahmen verdoppelt.
Dieses Projekt in Las Cruces ist Teil einer größeren Strategie innerhalb des Climate, Nature and Communities in Guatemala Program (CNCG) von USAID zur Schaffung nachhaltiger Lebensgrundlagen und zum Erhalt ökologisch wertvoller Regionen. Geleitet wird das Programm von der Rainforest Alliance in Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen wie dem Verband der Forstgemeinden in Petén (ACOFOP) und Defenders of Nature Foundation.
Die Wälder, aus denen die Kooperative „La Lucha“ ihr Holz bezieht, werden konform der Regelungen des Nationalen Rates für Schutzgebiete (CONAP) bewirtschaftet. Dazu gehören der Schutz von Wildtieren, Pläne zur Prävention und Eindämmung von Bränden sowie ein kontrollierter wirtschaftlicher Nutzen von Bäumen im Sinne der Nachhaltigkeit.
Mit sieben Ökosystemen findet man im Sierra del Lacandón Nationalpark die höchste Artenvielfalt in ganz Petén. Jaguare, Pumas und Rote Aras fühlen sich hier wohl. Aber auch über 300 weitere Vogelarten, viele von ihnen Zugvögel. Im Grenzgebiet zu Mexiko gelegen dient dieser Nationalpark auch als „grüner Korridor“ zwischen den Schutzgebieten beider Länder.
„Dieses Projekt schafft neue Möglichkeiten für die lokale Wirtschaft. Natürliche Ressourcen zu erhalten und einen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels zu leisten sind dabei zwei wesentliche Bestandteile“, berichtet Jorge Cruz von der Rainforest Alliance, Koordinator des CNCG-Projekts.
Solche Projekte sollen Perspektiven schaffen, sodass auch die junge Generation eine vielversprechende Zukunft in der Heimat sieht. Raúl gehört zu dieser jungen Generation: „Als sie uns vorschlugen, in unserer Gemeinde eine Tischlerei zu eröffnen, konnten wir es nicht glauben. Nun ist es Realität. Es ermöglicht uns, das ganze Jahr über zu arbeiten und geregelt zum Familieneinkommen beizutragen. Wir wissen nun auch unsere Wälder besser zu schätzen.“