Im August 2019 brachte eine Welle von Bränden im Amazonasgebiet, die Menschen verursacht hatten, die Zerstörung der Regenwälder rund um den Globus wieder in den Fokus. Laut Global Forest Watch verloren wir allein im Jahr 2019 11,9 Millionen Hektar tropischen Regenwalds. Der Verlust des Regenwalds geht ungehindert weiter — und bedroht damit Millionen von Menschen, die in diesen Wäldern leben. Zugleich wird eine wirksame natürliche Klimalösung einfach zerstört.
Die Gründe für die Vernichtung sind komplex: Schlechte Politik, der Klimawandel und die globale Wirtschaft stützen sich auf die rücksichtslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen und sind somit die Hauptschuldigen. Große Agrarunternehmen reißen in großem Stil und unkontrolliert Wälder nieder, um riesige Flächen mit Soja oder Palmen bepflanzen zu können. Es sind ihre Aktionäre, die davon profitieren. Angesichts verheerender Armut oder klimabedingter Ernteausfälle greifen kleinbäuerliche Betriebe manchmal darauf zurück, Bäume zu fällen, um ihr Erntefläche zu erweitern. Schädliche Politik und negative Maßnahmen sind ebenfalls dafür verantwortlich. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro baute beispielsweise nicht nur den Schutz des Waldes ab, als er Anfang des Jahres sein Amt antrat, sondern rief auch zu Brandrodungen sowie illegalen Einbrüchen in indigenes Land auf. Boliviens Präsident Evo Morales beschnitt in ähnlicher Weise den Umweltschutz unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe.
Weil es viele verschiedene, komplexe Gründe für die Zerstörung des Waldes gibt, braucht der Schutz der Wälder langfristige Zusammenarbeit und Investitionen. Im Laufe unserer dreißigjährigen Geschichte haben wir bei der Rainforest Alliance bewährte, facettenreiche Strategien für den Schutz der Wälder entwickelt — ein ganzheitlicher Ansatz, in dem Gemeinschaften und ihr Lebensunterhalt im Mittelpunkt stehen. Im Folgenden werden ihre Schlüsselelemente aufgeführt.
Die Zerstörung des Regenwalds aufhalten durch mehr Woh
Die effektivste wissenschaftlich fundierte Strategie für den Schutz der Wälder vor landwirtschaftlicher Ausdehnung, illegaler Abholzung und Ausbeutung — sowie vor Bränden — ist der Aufbau von nachhaltigeren ländlichen Wirtschaftsräumen in Zusammenarbeit mit den Gemeinschaften, die dort leben. Zu diesem Zweck bietet die Rainforest Alliance Schulungen für FarmerInnen an. Dort lernen sie Methoden, mit denen sie höhere Erträge auf bestehenden Erntefläche erzielen können. Diese Methoden schützen auch Böden und Gewässer. Unsere Arbeit mit forstwirtschaftlichen ErzeugerInnen konzentriert sich auf den Aufbau florierender Unternehmen, die Holz nach strengen Forstwirtschaftsplänen ernten — oder auch Nichtholz-Produkte wie Nüsse und Palmwedel. Schulungen zu Finanzwissen und Unternehmensführung bieten auch Werkzeuge zur Unterstützung von Gemeinschaften bei der Suche nach Alternativen zu Rodungen, ebenso wie Geschäftsbeziehungen zu Käufern, die sich verantwortungsbewusster Beschaffung verpflichtet haben.
Gemeinschaften, mit denen wir im Maya Biosphere Reservat zusammenarbeiten, haben durch die Anwendung dieser Strategie in den von ihnen verwalteten Bereichen einen Nettogewinn aus dem Wald erzielt. Partnergemeinschaften im Amazonasgebiet Perus haben gut gehende Unternehmen für nachhaltiges Holz, Ökotourismus und Paranüsse auf die Beine gestellt — so dass sie sich gegen den Vormarsch illegaler Holzfäller und Bergarbeiter wappnen können. In Ghana führte ein innovativer Landmanagement-Vorstand, den wir zusammen mit 36 kakaoanbauenden Gemeinden (verteilt über 29.000 Hektar) gegründet haben, die Anpflanzung von 58.600 einheimischen Bäumen in degradierten Gebieten durch. In Süd- und Zentral-Mexiko haben forstwirtschaftlicher Erzeuger-Kooperativen blühende Holz-und Möbel-Unternehmen mit technischer Unterstützung der Rainforest Alliance gegründet.
Verantwortungsbewusste Lieferketten aufbauen
In den letzten Jahren haben Hunderte von Unternehmen öffentlich beteuert, dass sie die Entwaldung bis 2020 aus ihren Lieferketten ausmerzen wollen. Einige von ihnen haben gute Fortschritte gemacht, viele sind jedoch daran gescheitert, ihren Zielen näherzukommen. Das Accountability Framework, eine Roadmap für Nachhaltigkeit, die von einem Konsortium von NGOs, u.a. der Rainforest Alliance, entwickelt wurde, stellt Richtlinien, Kontrollinstrumente und Benchmarks zur Verfügung, um Unternehmen klare Wegweiser auf ihrer Reise zur Nachhaltigkeit zu geben.
Die Zertifizierung kann — in Kombination mit anderen Interventionen — ein wirksames Werkzeug für den Wandel der Lieferketten sein. Ausgelagerte Zertifizierungsprogramme für Nachhaltigkeit wie das unsrige bleiben eines der effektivsten Entwicklungsinstrumente für Nachhaltigkeit, die heute auf der Welt zu haben sind (verglichen mit unternehmensinternen Verifikationsprogrammen, die weniger Transparenz herstellen). Die Zertifizierung kann auch die Schulung für kleinbäuerliche Betriebe befördern. Wenn ein Unternehmen sich beispielsweise dazu verpflichtet, zertifizierte Erträge zu kaufen, unterstützt es häufig FarmerInnen dabei, die Anforderungen für die Zertifizierung zu erfüllen. Dies beinhaltet Schulungen zur Abschaffung gefährlicher Pestizide, für integrierten Pflanzenschutz, Berichtwesen, Kompostierung, Bodenfruchtbarkeit u.v.m.. Vor kurzem veröffentlichten wir unser neues und erweitertes Zertifizierungsprogamm 2020, um ökologische, soziale und wirtschaftliche Verbesserungen voranzutreiben.
Die Politik beeinflussen
Schließlich arbeitet die Rainforest Alliance auf der ganzen Welt daran, Politik zu fördern, die einen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit ermöglicht. Wir stehen auch als fachliche Berater für mehrere Unternehmen und Regierungseinrichtungen zur Verfügung, die Unterstützung bei der Einführung wünschen. Zurzeit arbeitet die Rainforest Alliance zum Beispiel daran, dass der Aktionsplan der Europäischen Union zum Thema Entwaldung auch politische, technische und finanzielle Unterstützung enthält, damit er seine Ziele erreichen kann. Wir spornen die EU an, Gesetze zu entwickeln und zu überdenken, die von Unternehmen fordern, dass sie ihren Einfluss auf tropische Regenwälder und Menschenrechte erkennen, vorbeugen, lindern und Rechenschaft darüber ablegen. Als Organisation mit einer langen Erfolgsgeschichte, wenn es darum geht, Marktkräfte dazu zu bewegen, Leben zu verbessern und Wälder zu schützen, sind wir einzigartig aufgestellt, sowohl Unternehmen als auch Regierungen in ihren Strategien und ihrer Gesetzgebung zu beeinflussen.
Unsere Arbeit in Jembrana, Bali, ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir die Politik beeinflusst haben, um bessere Lebensunterhalte für FarmerInnen und Landschaftsverbesserungen zu erreichen. Im Jahr 2017 starteten wir im Rahmen unseres Sector Partnerships Program eine nationale und regionale Lobbykampagne mit der Kalimajari Foundation, einer indonesischen zivilgesellschaftlichen Organisation, um die Einführung einer nationalen Politik zu unterstützen, die Unternehmen dazu verpflichtet, vor Ort fermentierte Kakaobohnen zu kaufen. Mit unserer Hilfe konnte Kalimajari über die gesamte Lieferkette Boden gewinnen. Zunächst wurden FarmerInnen in nachhaltigem Anbau und Fermentierung geschult. Dann wurden Unternehmen überzeugt, bei diesen FarmerInnen vor Ort einzukaufen. Schließlich übernahm die indonesische Regierung das Modell von Kalimajari als eigenes landesweites Modell für Qualitätskakao. Mit seiner Arbeit auf regionaler und nationaler Ebene fördert unser Lobbyteam die Politik in Ländern mit bestehenden Wäldern, um zu einer Gesetzeslandschaft beizutragen, in der technische Schulungen und Lieferketten-Strategien am effektivsten wirken können.