Juan Jiménez, seine Frau Julia Cabrera und ihre beiden Kinder haben auf ihrer Rainforest Alliance-zertifizierten Kaffeeplantage in Cajamarca, Peru, mit großem Erfolg Ökosysteme und Artenvielfalt wiederhergestellt. Ihre Plantage ist jetzt produktiver und resilienter gegen die Auswirkungen des Klimawandels und bietet wilden Tieren und Pflanzen eine Heimat.
KleinbäuerInnen wie Jiménez und Cabrera betreiben die überwiegende Mehrzahl der weltweit 12,5 Millionen Kaffeeplantagen. Tatsächlich stammen fast drei Viertel des weltweiten Kaffees von solchen Kleinbetrieben. Die Rainforest Alliance arbeitet mit mehr als 400.000 zertifizierten KaffeeproduzentInnen in Lateinamerika, Ostafrika und Asien zusammen. Die meisten von ihnen sind KleinbäuerInnen und bewirtschaften zusammen geschätzte 1 Millionen Hektar Land.
Doch Kaffee-Erzeuger stehen vor vielen Herausforderungen, darunter nicht zuletzt steigenden Temperaturen, Pflanzenkrankheiten, Klimaschocks und Preisschwankungen.Die Rainforest Alliance setzt sich für eine bessere Position der KaffeefarmerInnen ein, indem sie die Verbindung zu verantwortungsbewussten Märkten herstellt sowie Schulungen zu klimasmarten und regenerativen Anbaumethoden anbietet, wodurch Ernten und Einkommen gesteigert werden können. Außerdem fördert unser Zertifizierungsprogramm zahlreiche Innovationen, z.B. die digitale Dokumentation, stellt Anforderungen an Kaffee-Einkäufer hinsichtlich Investitionen in nachhaltige Produktion und arbeitet mit einem Modell der kontinuierlichen Verbesserung, das FarmerInnen anspornt, weitere Schritte auf dem Weg der Nachhaltigkeit zu wagen.
Da das Wohlergehen von FarmerInnen und ArbeiterInnen für die Nachhaltigkeit jedes landwirtschaftlichen Betriebs entscheidend ist, fördert das Zertifizierungsprogramm der Rainforest Alliance darüber hinaus die Menschenrechte all derer, die im Kaffeesektor tätig sind.
Hier folgen einige Beispiele, wie wir daran arbeiten, den Kaffeesektor nachhaltiger zu gestalten:
Menschenrechte
Obwohl es in der Landwirtschaft bereits bedeutende Fortschritte bei den Menschenrechten zu verzeichnen gibt, treten bei der Herstellung vieler Lebensmittel, darunter auch Kaffee, immer noch zu viele Fälle von Kinder- und Zwangsarbeit, Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz auf. Explizite Verbote erweisen sich oft als wenig effektiv und verlagern Strafhandlungen in eine Grauzone, wo unsere AuditorInnen sie schwieriger aufspüren können. Dies ist nur einer der Gründe, warum das Zertifizierungsprogramm der Rainforest Alliance einen risikobasierten Assess-and-address-Ansatz handhabt, der Menschenrechte durch Prävention, gemeinsame Wachsamkeit und Engagement sowie kontinuierliche Verbesserung fördert.
Im Hinblick auf Kinderarbeit fordert unser Zertifizierungsprogramm beispielsweise, dass Plantagen ein internes Präventionsgremium einrichten. Wenn ein Fall bekannt wird, muss die Plantage oder das Unternehmen die Familie dabei unterstützen, das Problem zu beheben – zum Beispiel durch das Auffinden einer Geburtsurkunde für den Schulbesuch, die Verbesserung des Haushaltseinkommens oder weitere Maßnahmen.
Unser Zertifizierungsprogramm versorgt darüber hinaus Plantagen und Unternehmen mit Tools zur Feststellung und Behebung fehlender Geschlechtergerechtigkeit in ihren Prozessen. Um Anreize für eine kontinuierliche Verbesserung zu schaffen, können Unternehmen und Plantagen einige ihrer eigenen Fortschrittsindikatoren wählen. Der Kaffee-Exporteur Kyagalanyi Coffee aus Uganda betreibt zum Beispiel bereits ein zuverlässiges Genderprogramm, in dem Eheleute angespornt werden, ihre Haushaltspläne gemeinsam zu erstellen. Um Verbesserungen in Sachen Geschlechtergerechtigkeit messen zu können, dokumentieren sie darum die Anzahl der Familien, in denen die Frauen gleiches Mitspracherecht darüber haben, wie das Einkommen erzielt und ausgegeben wird.
Klima
Der Kaffeeanbau ist den Auswirkungen des Klimawandels besonders stark unterworfen. Steigende Temperaturen tragen zur Ausbreitung des sogenannten Kaffeerosts bei, eines Pilzes, der in Lateinamerika bereits ganze Plantagen verwüstet hat. Auch die Vermehrung des schädlichen Kaffeekirschenkäfers wird dadurch begünstigt. Weil Kaffee nur in bestimmten Temperaturbereichen gedeihen kann, zwingt die Erderwärmung manche FarmerInnen dazu, in höhere Regionen auszuweichen oder sogar ganz aus dem Geschäft auszusteigen.
Unser Zertifizierungsprogramm fördert klimasmarte Anbaumethoden. Die Rainforest Alliance führt vor Ort ein Assessment der Verwundbarkeit durch Klimaänderungen durch und erstellt daraufhin einen maßgeschneiderten Aktionsplan. Darum sind diese Methoden ‚smart’, denn es gibt keine Einheitslösung für alle. KaffeefarmerInnen können ihre Resilienz erhöhen, indem sie einheimische Schattenbäume anpflanzen, die die Ernte vor zu intensiver Sonneneinstrahlung, rauem Wind und starken Regenfällen schützen. Die Anwendung der richtigen Menge an Pestiziden und Düngemitteln — zum richtigen Zeitpunkt — ist genauso entscheidend, da eine übermäßige Anwendung die Kosten steigert und nützliche Insekten tötet. FarmerInnen können zwischen die Kaffeereihen eine Begrünung pflanzen, damit der Boden mehr absorbieren und Feuchtigkeit speichern kann, sodass die Wurzeln der Kaffeepflanzen in Trockenzeiten an Wasser kommen, das tief in der Erde vorhanden ist.
Steigende Temperaturen und unvorhersehbare Niederschläge sind zu einer echten Herausforderung für Loyola Estate/Joseph Coffee Curing Works in Tamil Nadu, Indien geworden. In den letzten sieben Jahren hat diese zertifizierte Plantage Techniken wie das Mulchen und die vorsorgliche Bewässerung eingeführt, um Klimarisiken zu begegnen. Noch beeindruckender ist, dass der Familienbetrieb mehr als 50 Prozent seiner Anbaufläche mit einheimischen Baumarten wie Acrocarpus fraxinifolius, Jackfruchtbaum und Jambulbaum bepflanzt hat.
Evelyn Nyawira, eine zertifizierte Kaffeefarmerin in Mutira, Kenia, erläutert, dass sie und ihre NachbarInnen in Schulungen der Rainforest Alliance „gelernt haben, unser Land vor Abspülung zu schützen. Man hat uns gezeigt, wie man Schattenbäume pflanzt und wie wir unseren Kaffee vor Austrocknung schützen können, wenn es wegen des Klimawandels extrem heiß wird.” Sie fügt hinzu, dass der Einsatz nachhaltigerer Methoden zu einer besseren Kaffeequalität und einem besseren Lebensunterhalt geführt hat.
Klimasmarte Programme stellen außerdem die Verbesserung des Lebensunterhalts für die FarmerInnen in den Mittelpunkt.
Lebensunterhalt
Die internationalen Kaffeepreise waren in den letzten Jahren extrem unbeständig und haben damit den Lebensunterhalt der ProduzentInnen stark belastet. Über weite Strecken des Jahres 2020 sanken die Kaffeepreise 30 Prozent unter das durchschnittliche Preisniveau der vorhergehenden zehn Jahre. So wird es für die FarmerInnen unmöglich, überhaupt ihre Produktionskosten auszugleichen. Auch wenn die Preise sich seitdem etwas erholt haben, sind sie immer noch nicht stabil genug, um den FarmerInnen langfristige Investitionen in ihre Unternehmen zu ermöglichen.
Die Zertifizierung soll KaffeefarmerInnen dabei helfen, ihre Produktivität und Wirtschaftlichkeit zu verbessern, indem sie nachhaltigere Methoden und ein besseres Farmmanagement einsetzen. Eine präzisere Düngung unter Verwendung von Methoden wie der Bodenbeprobung kann Stickstoffemissionen senken und die Bodengesundheit verbessern, während zugleich die Ernten und Einkommen steigen. Die Diversifizierung von Einkommensströmen kann ebenfalls helfen. Drei Studien1 aus den letzten fünf Jahren zeigen, dass das Einkommen aus der Kaffeeproduktion bei zertifizierten ostafrikanischen kleinbäuerlichen Betrieben im Durchschnitt 179 Prozent höher ist als bei nicht-zertifizierten Plantagen.
Die Reise zur Nachhaltigkeit kann für FarmerInnen zu einer kostspieligen Angelegenheit werden. Darum beinhaltet unsere Zertifizierung Schritte, um die finanzielle Last über die Lieferkette zu verteilen. Das Programm verpflichtet Unternehmen zu Nachhaltigkeits-Investitionen (SI) in bar oder als Sacheinlagen an zertifizierte Farmen, mit denen die Einführung nachhaltigerer Methoden unterstützt wird. Zusätzlich müssen Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbonus (SD) zahlen. Dies ist eine Barzahlung an zertifizierte FarmerInnen für ihre Ernten, auf und über den Marktpreis hinaus. Unser Zertifizierungsprogramm beinhaltet auch Maßnahmen, die FarmerInnen dabei helfen, einen besseren Lebensstandard zu erzielen.
Wald und Artenvielfalt
Die Rainforest Alliance arbeitet seit mehr als dreißig Jahren für den Schutz der Wälder auf der ganzen Welt. In unserem erneuerten Zertifizierungsprogramm haben wir sogar noch mehr Innovationen und erweiterte Anforderungen eingeführt, um noch mehr Wirkung zu erzielen. Wir verbieten nicht nur die Abholzung, sondern auch die Zerstörung aller Ökosysteme, darunter auch Feuchtbiotope und Torfmoore. FarmerInnen müssen mehr einheimische Bäume pflanzen und geographische Daten für Risikokarten bereitstellen, auf denen Abholzungs-Hotspots u.v.m. dargestellt werden. Auch wenn die Landwirtschaft oft negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat, kann sie auf der anderen Seite zum Reichtum der Natur beitragen.
Der 1000 Hektar große Aquiares Estate Coffee in Costa Rica, der sich zwischen dem größten Schutzgebiet des Landes und einer Vulkankette befindet, ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie landwirtschaftliche Methoden zur Förderung der Artenvielfalt und zur Anreicherung des Bodens den Gesamtzustand eines Ökosystems nachhaltig verbessern können. Hauptgeschäftsführer Diego Robelo sagt, seit die Plantage vor 17 Jahren mit Hilfe der Rainforest Alliance mit dem Umstieg zur Nachhaltigkeit begonnen habe, habe sie sich von einer Monokultur in der prallen Sonne zum Kaffeeanbau unter dem Schatten einheimischer Bäume gewandelt. Als größte von der Rainforest Alliance zertifizierte Kaffeeplantage in Costa Rica ist Aquiares ein Pionier für Nachhaltigkeit. Mehr als 50.000 Bäume wurden gepflanzt sowie zwei wichtige Korridore für wildlebende Tiere miteinander verbunden. Heute beherbergt die Plantage 76 verschiedene einheimische Baum- und 140 Vogelarten, von denen 103 hier noch nie gesichtet wurden, bevor Aquiares die Zusammenarbeit mit der Rainforest Alliance aufnahm.
1 Drei Studien: Mitiku u. a. 2017, van Rijsbergen u.a. 2016, Akoyi und Maertens 2017