WissenschaftlerInnen des Weltklimarats (IPCC) wenden sich mit einer klaren Botschaft an die Welt: Um eine globale Klimakatastrophe abzuwenden, müssen wir den weltweiten CO2-Ausstoß bis 2030 auf fast die Hälfte senken. Über dieser Grenze würden die Temperaturen auf der Welt um mehr als 1,5 Grad steigen. Die gleichen WissenschaftlerInnen kommen zu dem Schluss, dass natürliche Lösungen für unser Klima — wie das Wohlergehen der tropischen Regenwälder und klimabewusste Landwirtschaft — dazu beitragen können, 37 Prozent der erforderlichen Reduktionen zu erreichen.
Während alle Welt sich auf die Senkung der Nutzung fossiler Brennstoffe konzentriert (die fast 90 Prozent aller Emissionen ausmachen) — erinnern uns die WissenschaftlerInnen daran, dass natürliche Herangehensweisen ein wichtiger Baustein für die Lösung der Klimakrise sind.
Die Mission der Rainforest Alliance konzentriert sich auf natürliche oder naturnahe Klimalösungen (NCS), darunter den Schutz und die Renaturierung der Wälder sowie bessere Methoden der Bodenbearbeitung, damit mehr Kohlenstoff gespeichert wird, die Vermeidung von Treibhausgasemissionen und den Aufbau der Widerstandsfähigkeit gegen Wetterumschwünge. Diese Lösungen bremsen nicht nur die weltweite Erwärmung aus; viele von ihnen unterstützen FarmerInnen auch dabei, sich an Dürren und extreme Temperaturen anzupassen. Außerdem sind natürliche Klimalösungen extrem kosteneffektiv und es braucht dafür keine neuen Erfindungen oder die Erweiterung neuer Technologien.
Was genau sind also natürliche Klimalösungen? Es folgen einige Beispiele; wir beginnen mit einem Thema, das zum Kern unserer Mission gehört.
Wälder
Die Rainforest Alliance wurde vor 30 Jahren gegründet, um die Abholzung des tropischen Regenwalds aufzuhalten — WissenschaftlerInnen bestätigen, dass dieses Ziel für die Abwendung der weltweiten Klimakrise entscheidend ist. Die Fähigkeit von Wäldern, Kohlenstoff durch den Vorgang der Photosynthese zu speichern, ist erstaunlich: Ein einzelner Baum kann im Durchschnitt pro Jahr etwa 21 kg an Kohlendioxid aus der Luft absorbieren. Ein ganzer Wald kann also erhebliche Mengen an Kohlendioxid binden. Eine neue Analyse schätzt, dass die bessere Bewirtschaftung von Wäldern (also der Stopp der Abholzung, die Wiederherstellung von Wäldern sowie die Verbesserung forstwirtschaftlicher Methoden) ausreichen würde, um 7 Milliarden metrische Tonnen Kohlendioxid jährlich loszuwerden. Das entspricht der Beseitigung von 1,5 Milliarden Autos — mehr als alle Autos, die es heute auf der Welt gibt).
Unser Fokus liegt auf dem tropischen Wald, der sogar noch mehr Kohlendioxid aufnimmt und mehr Wasser verdunstet als jeder andere Wald. Damit erzeugt er eine dicke Wolkenschicht, die das Sonnenlicht zurück ins Weltall reflektiert. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass tropische Regenwälder etwa die Hälfte allen Kohlendioxids, das auf dem Land freigesetzt wird, speichern. Abgesehen von ihrer erstaunlichen Speicherfähigkeit für Kohlendioxid sind Bäume auch wegen ihrer enormen Fähigkeit, ihre Umgebung zu kühlen, entscheidend für die Stabilität des Klimas – sie entspricht der Leistung von mehr als 2 Klimaanlagen pro Baum.
Die Speicherung des Kohlendioxids hat jedoch auch eine Schattenseite: Wenn Bäume gefällt werden, geben sie es wieder an die Atmosphäre ab. Wenn Menschen Wälder zerstören, lassen sie die gefällten Bäume zum Verrotten auf dem Waldboden liegen oder verbrennen sie, so dass sogar noch mehr Emissionen freigesetzt werden. Alles in allem erzeugt die Abholzung alleine etwa 10 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes. Wenn die tropische Entwaldung ein Land wäre, läge es an dritter Stelle bei den Kohlendioxid-Emissionen, knapp hinter China und den Vereinigten Staaten. Darum bietet der Schutz bestehender Wälder mehr Vorteile als die Anpflanzung neuer Bäume.
Unser weltweites Team arbeitet mit ländlichen Gemeinschaften, Unternehmen, Regierungen und anderen Nichtregierungsorganisationen zusammen, um bewährte Strategien der Walderhaltung im Amazonasgebiet, Mittelamerika, im Kongobecken und Indonesien zu verbessern. Wir setzen uns dafür ein, dass Wälder erhalten bleiben, indem nachhaltige Landwirtschaft und gemeinschaftliche Forstwirtschaft gefördert werden. So tragen wir zur Wohl ländlicher Gegenden und zur wirtschaftlichen Stabilität bei, um Entwaldung zu stoppen und Brände aufzuhalten, bevor sie überhaupt entzündet werden.
Waldgemeinden
Im Mittelpunkt der Mission der Rainforest Alliance steht die grundlegende Überzeugung, dass Menschen, die vom Land leben, den stärkten Anreiz haben, es zu schützen. Wir arbeiten Hand in Hand mit Gemeinden, um blühende, nachhaltige ländliche Wirtschaftsräume aufzubauen, die wesentlich für den Erhalt der Wälder, die Stabilisierung unseres Klimas und den Schutz wild lebender Tiere sind. Ein Beispiel für unsere Herangehensweise ist unsere weitreichende Zusammenarbeit mit einer Gruppe aus 11 Gemeinden in Waldkonzessionen im Maya Biosphere Reservat in Guatemala; gemeinsam haben wir ein Modell erfolgreicher Forstwirtschaft für die ganze Welt entwickelt und unter Beweis gestellt, dass starke und gut organisierte Gemeinschaften eine wirkmächtige natürliche Klimalösung sind.
Nachdem sie im Rahmen des Friedensabkommens 1996 das Recht gewonnen hatten, Teile des Reservats zu verwalten, haben unsere Partnergemeinden in ihren Konzessionen seit 15 Jahren nahezu keinen Wald abgeholzt — eine bemerkenswerte Leistung, während nahe gelegene Schutzgebiete die größten Entwaldungsaktionen in Mittelamerika erleiden mussten. In diesem Jahr hat ein neuer Bericht das erste Mal seit der Datenerhebung im Jahr 2000 gezeigt, dass diese Gemeinden nicht nur die Entwaldung aufgehalten haben. Sie haben sogar erreicht, dass der Wald sich in einigen Regionen erholt, indem 371 Hektar Wald auf ihrem Gebiet regeneriert wurden. Nicht zu vergessen, dass die Gemeinden dieses erstaunliche Ergebnis nicht ohne die Unterstützung und Zusammenarbeit mit der Kommunalverwaltung und politischen Entscheidungsträgern auf nationaler Ebene hätten bewerkstelligen können — ebenso wie verantwortungsbewussten Unternehmern, die ihre Produkte kaufen.
Indigene Führungskräfte sind eine weitere natürliche Klimalösung. Indigene Bevölkerungsgruppen verwalten etwa ein Viertel allen Landes auf der Erde und schützen 80 Prozent der Artenvielfalt unserer Welt. Forschungen zeigen, dass indigene Völker in Umweltschutzfragen mindestens ebenso erfolgreich sind wie von der Regierung geschaffene Schutzgebiete — mit einem Bruchteil ihres Budgets. Eine weitere Studie zeigt, dass von 2000 bis 2012 die jährlichen Abholzungsraten in ausgewiesenen indigenen Waldgebieten am Amazonas 2-3 Mal niedriger waren als außerhalb dieser Gebiete. Die Botschaft ist klar: Indigene Völker wissen am besten, wie die Wälder zu schützen sind, die wir so dringend zur Bekämpfung des Klimawandels brauchen. Seit ihrer Gründung hat die Rainforest Alliance mit indigenen Bevölkerungsgruppen zusammengearbeitet, die die Best Practices für den verantwortungsbewussten Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Welt begründet haben.
Wir haben zum Beispiel mit indigenen Gemeinschaften in der Region Madre de Dios am Amazonas in Peru zusammengearbeitet, um kleine Unternehmen zu entwickeln, die sich der Ernte und Verarbeitung von Paranüssen widmen (diese wachsen natürlicherweise im Regenwald). Statt rohe Nüsse zu niedrigen Preisen an Zwischenhändler zu verkaufen, wie sie es früher taten, exportieren unsere Partnergemeinden nun mehr als 4000 metrische Tonnen abgepackter, geschälter Nüsse und Nussprodukte in einem einzigen Jahr — zu einem Wert von fast 31 Millionen US-Dollar. Weil sie gut vom Wald leben können, liegt den Gemeinden sehr daran, die 80.000 Hektar Wald, die sie verwalten, zu bewahren.
Nachhaltige und klimabewusste Landwirtschaft
Die Rainforest Alliance arbeitet mit Millionen von FarmerInnen auf der ganzen Welt zusammen, um nachhaltige und klimabewusste Methoden voranzubringen und Lebensunterhalte zu verbessern — beides ist entscheidend, um die Widerstandsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe zu fördern und die Entwaldung aufzuhalten. Konventionelle landwirtschaftliche Methoden verschlechtern den Boden und machen ihn letztendlich ungeeignet für den Anbau. So wächst der Druck, sich auf der Suche nach unberührtem fruchtbaren Boden in nahe gelegene Wälder auszudehnen. Leider ist dies nur eine vorübergehende Lösung, da auch dieser Boden im Laufe der Zeit unfruchtbar wird.
Damit FarmerInnen ihre Betriebe auf lange Sicht halten können, müssen sie die Verarmung ihrer Böden verhindern. Nachhaltige landwirtschaftliche Methoden sind so gestaltet, dass der Boden genährt wird, Wasser erhalten und Ernteerträge auf schon vorhandenem Ackerland gesteigert werden. Höhere Erträge steigern wiederum das Einkommen und senken den wirtschaftlichen Druck, Farmen in nahe gelegene Wälder auszudehnen. Diese landwirtschaftlichen Techniken bauen außerdem Klimaresilienz auf. Beispielsweise bedeutet der Wechsel von verschiedenen Anbauprodukten — Pflanzen, die in der Nebensaison angebaut werden, um Bodenerosion zu verhindern — eine Verbesserung der Bodenqualität und der Ernten und kann eine halbe Tonne CO2 pro 0,5 Hektar binden. Das Mulchen mit organischem Material hält Feuchtigkeit im Boden, eine Funktion, die immer wichtiger wird zum Schutz vor extremer Hitze und Dürre.
Wiederaufforstung
Angesichts der Fähigkeit des Waldes, Kohlenstoff zu binden, bieten die Wiederaufforstung (die Anpflanzung von Bäumen auf entwaldetem Land) und die Aufforstung (die Anpflanzung von Bäumen auf Land, auf dem es zuvor keinen Wald gab) ein bedeutendes Potential an Klimavorteilen zu relativ niedrigen Kosten. Die Rainforest Alliance hat über fünf Jahre mit mehr als 250 kleinbäuerlichen Kaffeebetrieben in Santa Lucía Teotepec, einer ländlichen Gegend in Oaxaca, Mexiko, zusammengearbeitet, um ein innovatives Wiederaufforstungs-Projekt auf die Beine zu stellen, das seinen Höhepunkt 2015 hatte, als die FarmerInnen die Anerkennung eines der konsequentesten Treibhausgas-Nachweisprogramme der Welt, dem Verified Carbon Standard (VCS) bekamen. Das Oaxaca CO2 Coffee Project war eines von nur etwa 100 VCS-anerkannten Projekten im Wald- und Landnutzungssektor weltweit — und eines der wenigen, das sich durch Wiederaufforstung (statt der Vermeidung von Abforstung) qualifizierte. Durch die Wiederaufforstung hat das Projekt das Potential, über 30 Jahre 130.000 metrische Tonnen an Emissionen aus der Atmosphäre zu holen — das entspricht den jährlichen Emissionen von etwa 27.000 Autos.
Agroforstwirtschaft
Die Anpflanzung von Schattenbäumen zwischen und innerhalb von Pflanzenbeständen — eine Praxis, die Agroforstwirtschaft genannt wird — ist eine natürliche Klimalösung, die eine Vielzahl von ökologischen und landwirtschaftlichen Vorteilen bietet. Die Wurzeln der Bäume halten den Boden und verhindern so Erosion; heruntergefallene Blätter und Früchte zersetzen sich zu organischem Abfall und werden zu einer Schicht, die den Boden anreichert. Böden, die reich an organischen Substanzen sind, können mehr Wasser halten — eine wichtige Pufferzone gegen Dürren. Wie alle Bäume entnehmen Schattenbäume, die auf landwirtschaftlichen Betrieben gepflanzt werden, Treibhausgase aus der Atmosphäre und senken die Temperaturen in ihrer unmittelbaren Umgebung.
In Ghana arbeiteten wir mit 36 Gemeinden in einer Region von 29.000 Hektar zusammen, die zusätzlich zu der Zertifizierung der Rainforest Alliance auch noch 58.600 Bäume in degradierten Gebieten anpflanzten sowie mehr als 50.000 Bäume in und um ihre Kakaofarmen. Die Anpflanzung von Bäumen kann andere Klimaeinflüsse ausgleichen: Ein großer Fluss in dieser Region war teilweise über mehrere Monate trockengefallen. Nach der Anpflanzung der Bäume fließt der Fluss jedoch nun wieder das ganze Jahr über.
Weitere natürliche Klimalösungen
Während die Rainforest Alliance in erster Linie am Schnittpunkt zwischen Wäldern und Landwirtschaft tätig ist, gibt es noch andere wirkungsvolle natürliche Klimalösungen, die nicht unterschätzt werden sollten. Klimaschützende Maßnahmen in den Meeren könnten zur Senkung von bis zu einem Fünftel (21% oder 11 GtCO2e) der jährlichen Treibhausgasemissionen führen, die bis 2050 gebraucht werden, um die globale Erwärmung auf 1,5°C einzuschränken. Außerdem gibt es noch ‚blauen Kohlenstoff‘, also Kohlenstoff, der im Boden oder der Biomasse von küstennahen Feuchtgebieten wie Salzmarschen, Seegraswiesen und Mangrovenwäldern gespeichert oder gebunden wird. Diese können bis zu vier Mal mehr Kohlenstoff speichern als terrestrische Wälder pro Flächeneinheit.
Unsere weltweite Klimakrise hat viele Gesichter — von den Buschbränden, die in kalifornischen Weinanbaugebieten wüten, bis hin zu Wasserknappheit in Kapstadt und Überschwemmungen in Bangladesch. Die Klimastabilität unserer Zukunft hängt davon ab, dass wir schnellstmöglich unsere Netto-Emissionen auf null bringen. Natürliche Klimalösungen sind entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen. Die Rainforest Alliance widmet sich dem Schutz vorhandener Wälder, der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und der Verbesserung von Lebensunterhalten für die Landbevölkerung, die sich vom Land ernährt.