Die Rainforest Alliance ist davon überzeugt, dass ArbeiterInnen auf der ganzen Welt genug Geld bekommen sollten, um sich und ihren Familien ein anständiges Leben ermöglichen zu können.
Darum haben wir die Global Living Wage Coalition (GLWC) mitgegründet, eine Gruppe von NGOs , die mit zwei führenden ForscherInnen zusammenarbeitet, um festzustellen, wie viel Geld ArbeiterInnen für einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst und ihre Familien benötigen. Da die Kosten in jedem Land sehr unterschiedlich ausfallen, sind diese Berechnungen — basierend auf objektiven, gründlichen Forschungen — ortsspezifisch und berücksichtigen die Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Die GLWC, die diese Schätzungen bereitstellt, hilft ihren Mitgliedern bei der Koordination ihrer Anstrengungen; sie stellt ihre Forschungsergebnisse zudem öffentlich zur Verfügung, damit alle, die sich für die Verbesserung von Arbeitseinkommen einsetzen, davon profitieren können.
Was ist ein globaler existenzsichernder Lohn?
Die GLWC greift auf mehr als 60 bereits vorhandene Beschreibungen eines existenzsichernden Lohns zurück und kommt zu folgender prägnanter Definition: „Ein globaler existenzsichernder Lohn ist ein Arbeitsentgelt, das für eine normale Arbeitswoche eines Arbeiters/einer Arbeiterin an einem bestimmten Ort gezahlt wird und ausreicht, um einen angemessenen Lebensstandard für den Arbeiter/die Arbeiterin und seine/ihre Familie zu ermöglichen.”
Was sind die Grundbedürfnisse, die von einem existenzsichernden Lohn abgedeckt werden sollten?
Die Elemente eines angemessenen Lebensstandards beinhalten Nahrung, Wasser, Unterkunft, Bildung, Gesundheitsversorgung, Mobilität, Kleidung und andere wesentliche Bedürfnisse, darunter die Vorsorge für unerwartete Ereignisse.
Wie legt die GLWC fest, welcher existenzsichernde Lohn in einem Land gelten sollte?
ForscherInnen bestimmen existenzsichernde Löhne nicht nur für verschiedene Länder, sondern auch für verschiedene Regionen innerhalb dieser Länder, da die Lebenshaltungskosten innerhalb eines Landes und zwischen ländlichen und städtischen Gebieten sehr unterschiedlich ausfallen können. Unsere ForscherInnen basieren die Schätzungen für Lebensmittelkosten auf eine preiswerte, nahrhafte Ernährung, die den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Kalorien sowie Makro- und Mikronährstoffen entspricht. Die Nahrungsmittelkosten vor Ort werden bei den Berechnungen berücksichtigt. Diese Methode ist sehr viel strenger als andere, bei denen nur eine bestimmte Menge an Kalorien sichergestellt wird. Die Kosten für Unterkunft werden anhand von Standards geschätzt, die von NGOs und einzelnen Ländern für angemessen gehalten werden (z.B. Unterkünfte, die dauerhafte Wände, wasserdichte Dächer, Elektrizität, Wasser und Sanitäreinrichtungen sowie eine Toilette haben). Unsere ForscherInnen berechnen so die Gesamtkosten pro Person für einen angemessenen Lebensstandard. Sie multiplizieren diesen Betrag mit der Anzahl der Familienangehörigen bei einer typischen Familiengröße in dieser Region und fügen eine kleine Toleranz für unerwartete Ereignisse, wie Krankheiten und Unfälle, hinzu.
Woher stammt die Methode, die diesen Berechnungen zugrunde liegt?
Die ExpertInnen für existenzsichernden Lohn, Richard Anker (vorher bei der IAO) und Martha Anker (vorher bei der WHO) haben mehr als 15 Jahre gebraucht, um verschiedene Aspekte ihrer Methode zu prüfen und zu vervollkommnen. Die Anker Methode katalysiert globales Handeln für existenzsichernde Löhne und wird genutzt, um existenzsichernde Löhne in ländlichen, städtischen und randstädtischen Gebieten auf der ganzen Welt zu berechnen.
Führt die GLWC den existenzsichernden Lohn ein?
Nein, die Koalition stellt die Berechnungen oder Benchmarks zur Verfügung. Sie unterstützt die Bemühungen, diese Benchmarks zu erreichen, indem sie ihr erworbenes Wissen auf ihrer Webseite und in gemeinschaftlichen Foren des privaten und öffentlichen Sektors teilt.
In wie vielen Regionen gibt es bisher Benchmarks für existenzsichernde Löhne?
Die GLWC hat 34 Benchmarks in 20 Ländern aufgestellt, zusätzliche Benchmarks sind in Entwicklung oder Planung.
Nutzt die Rainforest Alliance diese Benchmarks bei ihrer Arbeit vor Ort?
Auf jeden Fall. Die Rainforest Alliance arbeitet beispielsweise mit Bananenfarmen, BananenhändlerInnen und -käuferInnen zusammen, der Sustainable Trade Initiative (IDH) und anderen Akteuren des Sektors, um die Einführung der Mechanismen für existenzsichernde Löhne in Costa Rica und Belize voranzubringen. Wie alle Mitglieder der GWLC hat die Rainforest Alliance die Definition des existenzsichernden Lohns von der GWLC übernommen. Diese Definition bestimmt, wie wir in unseren Nachhaltigkeitsstandards die Kriterien für den existenzsichernden Lohn gestalten und prüfen. Die Rainforest Alliance arbeitet außerdem mit PartnerInnen in Lieferketten für Kaffee zusammen, um besser zu verstehen, welche Kosten und Möglichkeiten die Einführung eines existenzsichernden Lohns mit sich bringt. Es ist uns durchaus bewusst, dass die Betriebe dies nicht unbedingt alleine schaffen können.
Was sind die wesentlichen Hindernisse auf dem Weg zu einem globalen existenzsichernden Lohn?
Das wichtigste Hindernis ist, dass ArbeitgeberInnen nicht immer im Alleingang einen existenzsichernden Lohn einführen können — besonders bei den kleinen Gewinnspannen bei vielen dieser Unternehmen. Die gesamte Lieferkette und auch nationale Regierungen müssen sich beteiligen, um existenzsichernde Löhne zu verwirklichen.