Obwohl ‘Kein Hunger’ zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen gehört, litten 2019 geschätzte 2 Milliarden Menschen unter Ernährungsunsicherheit. Währenddessen liegt der Anbau von 70 Prozent aller Lebensmittel in der Hand von KleinbäuerInnen. Es ist offensichtlich, dass der Lebensunterhalt von FarmerInnen und das weltweite Nahrungsangebot eng miteinander verknüpft sind. Wie können wir von FarmerInnen erwarten, die Welt zu ernähren, wenn sie noch nicht einmal sich selbst ernähren können?
Existenzsichernde Einkommen und einen besseren Lebensunterhalt für FarmerInnen und landwirtschaftliche ArbeiterInnen zu erreichen ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einer Welt, in der Mensch und Natur gemeinsam gedeihen. Es muss jedoch noch viel mehr getan werden, um die Einkommenskluft für KleinbäuerInnen auf der ganzen Welt zu schließen. Mit Hilfe unserer Referenzmessmethode für existenzsichernde Einkommen, maßgeschneiderten Lieferkettendiensten sowie innovativen Projekten arbeiten wir daran, dass sich alle Menschen, egal wo sie leben und welche Rolle sie in der Lieferkette spielen, ein menschenwürdiges Leben leisten können.
Existenzsicherndes Einkommen, tatsächliches Einkommen – die Lücke schließen
Als Gründungsmitglied der Living Income Community of Practice (LICoP) unterstützt die Rainforest Alliance die Entwicklung von Richtwerten für existenzsichernde Einkommen und Löhne in mehr als zehn Anbauregionen weltweit. Die LICoP errechnete diese Richtwerte, indem sie zunächst einmal feststellte, wie viel ein menschenwürdiges Leben kostet. Dazu gehören Nahrung, Wasser, Unterkunft, Bildung, Gesundheitsversorgung, Mobilität, Kleidung und andere Grundbedürfnisse. Auch Rücklagen für unerwartete Ereignisse sind dabei berücksichtigt. Wesentliche kontextuelle Elemente wie Region, Zeit und die durchschnittliche Anzahl an Haushaltsmitgliedern fließen ebenfalls mit ein.
Nachdem der Richtwert festgelegt wurde, zeigt die Messung aktueller Einkommen, wo die FarmerInnen im Verhältnis zu einem existenzsichernden Einkommen stehen. Die LICoP hält umfangreiches Material zur Berechnung eines Haushaltseinkommens bereit, das die seit vielen Jahren von der Rainforest Alliance und weiteren Partnern verwendeten Methoden widerspiegelt. Die Berechnung des Haushaltseinkommens basiert auf einer einfachen wirtschaftlichen Berechnung: Einnahmen – Produktionskosten = Netto-Einkommen.
Wie wir Unternehmen dabei helfen, die Lücke zu existenzsichernden Einkommen zu schließen
Durch die Zusammenarbeit mit der Rainforest Alliance können Akteure der Lieferkette einem existenzsichernden Einkommen für FarmerInnen in ihrer Lieferkette einen Schritt näher kommen. Unsere maßgeschneiderten Lieferkettenservices bieten eine breite Palette an Werkzeugen und Ressourcen, um Unternehmen bei der verantwortungsbewussten Beschaffung im Rahmen der Zertifizierung und darüber hinaus zu unterstützen. Eine wichtige Säule dieser Arbeit ist das Monitoring und die Evaluation (M&E) der Lieferkette. Wenn es um ein Thema wie das existenzsichernde Einkommen geht, reicht es nicht, den Finger auf die Wunde zu legen. Wir müssen das Problem aus der Welt schaffen.
Monitoring und Evaluation der Lieferkette
In unserer M&E-Arbeit für Lieferketten verwenden wir Methoden zu existenzsichernden Einkommen, um Einkommensdaten in den Sektoren Kakao und Kaffee zu sammeln und zu analysieren. Wir nutzen diese Daten, um Trends auszumachen und die Resultate einer Lieferkette mit den Richtwerten für existenzsichernde Einkommen zu vergleichen. Daraufhin sprechen wir gezielte Empfehlungen auf der Grundlage dieser Erkenntnisse aus. Beispielsweise arbeiten wir seit zehn Jahren mit dem Nescafé Plan und dem Nestlé Cocoa Plan zusammen. Durch unsere Zusammenarbeit haben wir diesen Unternehmen die notwendigen Werkzeuge an die Hand gegeben, existenzsichernde Einkommen zu erreichen und andere Ziele in den Bereichen Kaffee und Kakao, gemeinschaftliche Resilienz und Umweltmanagement zu realisieren.
Monitoring-Tool für Exixtenzsicherndes Einkommen
Darüber hinaus enthält unser Standard für nachhaltige Landwirtschaft 2020 selbst gewählte Anforderungen an das existenzsichernde Einkommen, bei denen die Gruppenleitung die Produktionskosten berechnen und das Nettoeinkommen anhand einer Benchmark für das existenzsichernde Einkommen bewerten kann.
Wir haben zwar erfolgreich ein Überwachungstool für existenzsichernde Einkommen für die Kakaolieferketten in der Elfenbeinküste und in Ghana getestet, aber seine Erkenntnisse lassen sich nicht auf alle Rainforest Alliance-zertifizierten Rohstoffe und Regionen übertragen. Außerdem ist sie auf die ressourcenintensive Erhebung von Daten auf Haushaltsebene angewiesen. Die Rainforest Alliance ist sich der Notwendigkeit bewusst, ein von den ErzeugerInnen geführtes Instrument zu entwickeln, um die Fortschritte bei der Verbesserung der Lebensbedingungen der FarmerInnen im Rahmen unseres Zertifizierungsprogramms zu bewerten, und wird dieser Aufgabe in den kommenden Jahren Priorität einräumen.
Die Nutzung von M&E bei der Suche nach Lösungen
Das Sammeln und Bewerten von Daten ist ein entscheidendes Element für einen positiven Wandel, aber es ist nur der Anfang. Um dem existenzsichernden Einkommen auf Kakaofarmen näher zu kommen, arbeiten wir zurzeit an Projekten wie dem Living Income Modul. Dieses innovative, auf zwei Jahre angelegte Projekt testet ein Tool, das Unternehmen dabei helfen soll, die Einkommensdifferenz für KakaofarmerInnen in Côte d’Ivoire auszugleichen. Das Tool stellt eine direkte Transfermöglichkeit bereit, um Einkommen anzupassen. Es ermöglicht Unternehmen außerdem, ihren Fortschritt beim Schließen dieser Lücke nachzuvollziehen.
Die Unterstützung der Rainforest Alliance für existenzsichernde Einkommen lässt sich in der einfachen, aber starken Überzeugung zusammenfassen: Jeder Mensch sollte sich ein menschenwürdiges Leben leisten können, für sich selbst und seine Familie. In unserem Positionspapier zum existenzsichernden Einkommen finden sich weitere Informationen über unsere Vision und unsere derzeitigen Anstrengungen. Wenn Ihr Unternehmen Interesse an unseren M&E-Diensten für Lieferketten hat, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Foto von Sydelle Willow Smith