Wenn du dir in diesen Tagen mehr Sorgen machst als sonst, bist du damit keineswegs alleine. Jede Woche aufs Neue scheint uns eine weltweite Krise ins Haus zu schneien—zusätzlich zu der besorgniserregenden Katastrophe, die uns ohnehin schon seit Jahren droht: der Klimawandel.
Das beste Mittel dagegen ist natürlich, selbst das Heft in die Hand zu nehmen — doch wenn es um ein so riesiges und komplexes Thema wie den Klimawandel geht, wissen wir nicht genau, worauf wir unsere Anstrengungen eigentlich richten sollen. Macht es wirklich einen Unterschied, wenn wir als einzelne unseren Lebensstil ändern, oder sollten wir uns lieber auf Klimaaktionen in größerem Stil konzentrieren, indem wir Regierungen und Unternehmen ermahnen, ihre Politik und ihr Handeln zu ändern?
Wir von der Rainforest Alliance glauben, dass beides nötig ist, um das Ruder herumzureißen. Angesichts der Tatsache, dass nur 100 Unternehmen im Handel mit fossilen Energieträgern für 71 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, ist es entscheidend, dass BürgerInnen ihre Regierungen in die Verantwortung nehmen, damit sie eine mutige Politik machen und ihre Maßnahmen auch wirklich durchsetzen. Wenn du deine Macht als VerbraucherIn nutzt, kannst du Unternehmen dazu bringen, nachhaltiger zu handeln — was wiederum darüber entscheidet, wie Millionen von Hektar an Land bewirtschaftet werden.
Also lass das alltägliche Handeln nicht außer Acht, verbinde es jedoch mit weitreichenderen Aktionen. Zu diesem Zweck haben wir hier die fünf wichtigsten Felder des Wandels zusammengestellt, die wir dem Klimaaktions-Projekt Drawdown entnommen haben. Dazu haben wir Tipps für Aktionen gesammelt, die jedeR einzelne unternehmen kann — vom ganz kleinen bis zum ganz großen —, um die Klimakrise auszubremsen.
1. Die Klimaaktion Nummer 1 (bitte festhalten!): Weniger Lebensmittel wegwerfen
Ein Drittel aller angebauten Nahrungsmittel landet auf dem Müll. Ein Drittel! Das ist jede Menge Müll, wenn man bedenkt, wie viel Wasser, Kapital, Arbeit und Boden gebraucht werden, um Lebensmittel zu produzieren — ganz zu schweigen von all den Treibhausgasen, die bei jeder Produktionsstufe erzeugt werden, und den Methangasen, die freigesetzt werden, wenn das Essen auf der Müllkippe vergammelt. Alles zusammengenommen sind Lebensmittelabfälle für gut 8 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich.
Was wir im Kleinen tun können: Es mag offensichtlich sein, aber schlichtweg damit aufhören, Essen zu verschwenden! Das schaffen wir, indem wir einfach nicht mehr Lebensmittel einkaufen, als wir brauchen. Wie das geht? Gut organisiert sein. Schau dir an, was du für die Rezepte brauchst, die du kochen willst, bevor du einkaufen gehst. In Restaurants kannst du kleinere Portionen bestellen. Du musst dich auch nicht schämen, wenn du dir Reste einpacken lässt. Die britische Organisation Love Food Hate Waste bietet jede Menge guter Ideen zum so genannten ‚Compleating‘, d.h. wie man seinen Kühlschrank leer isst, bevor etwas schlecht wird.
Was wir im großen Stil tun können: Regierungen auf der ganzen Welt setzen sich Ziele, führen neue Strategien ein und stellen Kampagnen auf die Beine, mit denen Lebensmittelabfälle reduziert werden sollen — und diese Strategien funktionieren wirklich. Südkorea, das früher in ganz Asien die meisten Lebensmittel wegwarf, hat sich ins Zeug gelegt, damit es weniger Abfall produziert. Lebensmittel dürfen nun nicht mehr auf Mülldeponien entsorgt werden und Lebensmittelreste müssen in speziellen biologisch abbaubaren Tüten recycelt werden. Weil diese Tüten so billig sind, eignen sie sich auch hervorragend für den heimischen Kompost. Infolgedessen gibt es nun weniger Lebensmittelabfälle und in Südkorea werden 95 Prozent dieser Abfälle recycelt. Schau dir die Gesetzgebung in deinem Land und Aktionen bei dir vor Ort an und unterstütze sie mit deiner Wählerstimme und der Macht der sozialen Medien. Wenn du bei dir vor Ort nichts finden kannst, starte eine Medienkampagne zusammen mit deinem Arbeitgeber, deiner Schule oder dem Geschäft bei dir um die Ecke (fang klein an und weite die Kampagne allmählich aus).
2. Schulbildung für Mädchen
Schulbildung für Mädchen hat einen Schneeballeffekt mit wunderbaren Auswirkungen. Sie führt zu besseren Einkommen und einer größeren Unabhängigkeit für Frauen. Die Mütter- und Kindersterblichkeit ist bei gebildeten Frauen wesentlich niedriger, genauso wie HIV/AIDS-Erkrankungen. Bildung hilft Frauen auch, besser auf Klimakatastrophen reagieren zu können.
Was wir im Kleinen tun können: Arbeite bei Beratungs- und Ausbildungsprogrammen in deiner Gegend mit, die sich für den Schulbesuch von Mädchen einsetzen, und unterstütze sie. Wenn du dich auf einem Gebiet besonders gut auskennst, teile dein Wissen: Nur 30 Prozent aller WissenschaftlerInnen auf der Welt sind Frauen.
Was wir im großen Stil tun können: Während Entwicklungsländer auf Grundschulebene die Geschlechtergleichstellung (fast) erreicht haben, wird die Ungleichheit bei weiterführenden Schulen und in der Hochschulausbildung immer größer, vor allem in Subsahara-Afrika, in Ozeanien sowie in Süd- und Westasien. Es mag nicht überraschen, dass einige der größten Ungleichheiten in den ärmsten Ländern herrschen. Weltweit gibt es Programme für die Schulbildung von Mädchen in Ländern, in denen Eltern kein Geld für Schuldbildung haben. Bei dir zu Hause kannst du dich für Maßnahmen einsetzen, die der Geschlechtergerechtigkeit dienen.
3. Ernähre dich pflanzlich
Wenn Vieh einen eigenen Staat bilden würde, wäre es der drittgrößte Erzeuger von Treibhausgasen auf der Welt, so das Projekt Drawdown. Darum ist es so wichtig für das Klima, dass wir uns hauptsächlich pflanzlich ernähren. Zum Glück ist eine Ernährung, die auf Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und Bohnen beruht, auch noch gut für deinen Körper (und gut für den Regenwald, weil er sonst zerstört wird, um Weiden für Vieh bereitzustellen).
Was wir im Kleinen tun können: Mehr Pflanzen essen. Wenn du dich dazu motivieren möchtest, schau dir diesen Food Footprint-Rechner an, der dir den Klima-Fußabdruck für Lebensmittel vom Bier bis zum Fleisch, von Erbsen bis zu Nudeln zeigt — und dabei kinderleicht zu verstehen ist. Ein Beispiel: Wenn du ein Jahr lang 3-5 Mal in der Woche Fleisch isst, könntest du genauso gut 6618 km Auto fahren, während der Verzehr von Nüssen 3-5 Mal die Woche über ein Jahr 12 km Autofahren entspricht.
Was wir im großen Stil tun können: Setz dich dafür ein, dass die Regierung die Fleischindustrie nicht mehr subventioniert. Wir brauchen wohl nicht zu erwähnen, dass Leute mehr von etwas kaufen, wenn es billiger ist. In Europa ist der Konsum tierischer Produkte in den letzten 50 Jahren exponentiell gestiegen, während die Preise im Vergleich zu den Produktionskosten relativ niedrig geblieben sind — das liegt an den Subventionen. Die US-Regierung alleine gibt jedes Jahr 38 Milliarden US-Dollar aus, um die Fleisch- und Milchindustrie zu subventionieren, aber nur 0,04 Prozent dieses Betrags (17 Millionen US-Dollar) jährlich für die Subvention von Obst und Gemüse.
4. Kluges Kühlen
Der angemessene Umgang mit Kühlmitteln ist längst nicht jedem bekannt, ganz zu schweigen von ihren verheerenden Auswirkungen auf die Klimastabilität. Vor dem Montreal-Protokoll aus dem Jahr 1987 führten Kühlmittel zum Abbau der Ozonschicht und erhöhten das Risiko auf Hautkrebs. Die Kühlmittel, die nun solche die Ozonschicht abbauenden Stoffe ersetzen und unter dem Namen H-FKW bekannt sind, sind besser für die Ozonschicht, haben aber eine 1000 bis 9000 Mal höhere Kapazität als Kohlendioxid, die Atmosphäre zu erwärmen. Eine Erweiterung des Montreal-Protokolls, die sogenannten Kigali-Änderungen, trat 2019 in Kraft und soll H-FKWs reduzieren.
Was wir im Kleinen tun können: Da das Risiko, dass diese Chemikalien in die Atmosphäre geraten, bei Nutzungsablauf eines Geräts am größten ist, ist es wichtig, Klimaanlagen und Kühlschränke korrekt zu entsorgen. Informiere dich bei deiner Abfallentsorgung vor Ort oder beim Amt für Umweltschutz, wie du die Geräte am besten entsorgen kannst. Wenn du einen neuen Kühlschrank oder eine Klimaanlage kaufst, wähle ein Gerät mit natürlichen Kühlmitteln, z.B. Propan oder Ammonium.
Was wir im großen Stil tun können: Sprich mit deinen FreundInnen und NachbarInnen darüber, wie wichtig der richtige Umgang mit Kühlmitteln ist — das ist nämlich kaum bekannt, auch bei Leuten, denen unser Klima wirklich am Herzen liegt. In den Vereinigten Staaten und in anderen Ländern, in denen die Regierung aktiv versucht, Kühlmittel weniger zu regulieren, kannst du deine Abgeordneten anrufen oder ihnen schreiben und deine Zustimmung zu strengen Regeln zum Ausdruck bringen. Noch besser ist es, wenn du diese Aktionen in den sozialen Medien bekannt machst.
5. Den tropischen Regenwald erhalten
Dieses Thema liegt uns wirklich sehr am Herzen. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet die Rainforest Alliance daran, vorhandene Wälder zu schützen und degradiertes sowie abgeholztes Land wieder aufzubauen. Unsere Strategie ist es, mit Menschen vor Ort und indigenen Bevölkerungsgruppen zusammenzuarbeiten, um nachhaltige Lebensunterhalte zu schaffen, bei denen kulturelle Werte respektiert werden, Menschen ihre Familien unterstützen können und ihre Möglichkeiten, ihr eigenes Land zu schützen, verstärkt werden. Außerdem schulen wir FarmerInnen auf der ganzen Welt in nachhaltigen und klimabewussten landwirtschaftlichen Methoden, da herkömmliche Landwirtschaft (vor allem Viehhaltung) oft zu Abholzung und Bodenverschlechterung führt.
Es gibt unendlich viele wichtige Gründe, die Wälder zu schützen, nicht zuletzt, weil sie Kohlenstoff binden und somit den Klimawandel aufhalten. Das Projekt Drawdown schätzt, dass bis 2050 durch den Schutz von aktuell degradiertem Land und das natürliche Wachstum der tropischen Regenwälder auf 161-231 Millionen Hektar 54,5 bis 85,1 Gigatonnen an Kohlendioxid gebunden werden könnten.
Was wir im Kleinen tun können: Kaufe Produkte, die von der Rainforest Alliance zertifiziert sind, wenn es um alltägliche Dinge geht, die du nicht regional bekommen kannst, z.B. Kaffee, Bananen, Tee und Schokolade. Du kannst deinen persönlichen Einfluss auch erhöhen, indem du unsere Arbeit unterstützt. In Schulungen für land- und forstwirtschaftliche Gemeinschaften lernen die TeilnehmerInnen klimabewusste landwirtschaftliche Methoden und Unternehmertum, das nachhaltig und gut für den Wald ist.
Was wir im großen Stil tun können: Unterstütze indigene und regionale Landrechte auf der ganzen Welt. Das ist nicht nur richtig, sondern auch besser für das Klima: Unzählige Studien haben gezeigt, dass indigene Bevölkerungsgruppen die effektivsten HüterInnen des Waldes sind. Mehr als je zuvor müssen wir uns von ihnen leiten lassen.